Der Uni1 ist der letzte Prototyp vor der Insolvenz des Sachsenring AG. Das Auto war seiner Zeit Wegweisend und wie viele Menschen finden, nicht nur praktisch sondern auch formschön.
Mich hatten diese Prototypen fasziniert, so sehr, das ich eine kleine Doku darüber erstellt habe.
In einem Presseschreiben von 1996 hieß es:
November 1996. Nicht viel mehr als ein wenig ingenieurmäßiges Denken bedarf es, um das Auto der Zukunft konzipieren zu können.
Und einige harte Fakten, gepaart mit gesundem Menschenverstand. Fakt ist: Bald wird es mehr als 1 Milliarde Autos auf der Erde geben, die Emissionen werden noch einmal um 100% zunehmen. Damit wird die Abgasbelastung in den Städten und Ballungsgebieten noch einmal deutlich ansteigen. Der Gesetzgeber wird einschreiten und Konsequenzen ziehen müssen. In wenigen Jahren werden nur noch extrem abgasarme oder gänzlich Emissionsfreie Fahrzeuge zeitliche oder örtliche Fahrverbote umfahren können. Die aktuelle Steuergesetzgebung bestätigt schon heute diese Vision, ohne Kat wird es extrem teuer werden, Auto zu fahren.
Diese Zukunft betrifft uns alle, denn 60% aller Fahrten sind Innenstadtfahrten mit Geschwindigkeiten unter 60 km/h. Reine Verschwendung sagen die Insider, denn in diesem Bereich benötigt ein Auto nur einen Bruchteil seiner meist hohen Leistung, der Wirkungsgrad des Motors ist besonders niedrig, der Schadstoffausstoß besonders hoch. Blickt man nun noch etwas weiter nach vorn, hat man das Ende des Ölzeitalters vor Augen.
Das heißt, daß schon unsere Kinder sich mit einer völlig neuen Antriebstechnologie vertraut machen müssen. Nach Meinung aller Experten liegt die Zukunft im Wasserstoffantrieb, aber bis zur Serienreife werden noch mindestens 10 Jahre vergehen. Bis es soweit ist, muß eine Übergangslösung gefunden werden, die die Fahrzeugemissionen erheblich mindert, ohne die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge entscheidend zu reduzieren. Denn seien wir realistisch: Nur eine Lösung, die als Verbesserung erlebt wird, wird sich auf dem Markt durchsetzen. Die Probleme sind klar, die Lösungen werden gesucht. Praktisch alle Fahrzeughersteller schauen sich nach alternativen Antrieben um.
Erprobt wird vor allem der Elektroantrieb. Aber dessen gravierende Schwächen hinsichtlich Reichweite und Geschwindigkeit lassen eine Durchsetzung im Markt zur Zeit nicht als wahrscheinlich erscheinen. Die Konsequenz führt in eine etwas andere Richtung. Der Hybrid-Antrieb macht es einfach zweifach: zwei Antriebe in einem Auto, E-Motor und Diesel. In der Stadt wird der Hybrid, der „Mischling", mit einem Elektro-Motor bewegt. Also mit null lokalen Emissionen, extrem leise, mit ausreichender Reichweite und Kraft genug für die Ansprüche des normalen Stadtverkehrs. Aber der E-Motor ist nicht allein. Er wird durch einen modernen Dieselmotor ergänzt, der für schnelle Landstraßen-und Autobahnfahrten geeignet ist. Um unter allen Bedingungen optimale Fahrbedingungen zur Verfügung zu haben, können beide Antriebe im Idealfall wechselseitig oder zusammen, in der sogenannten Superposition, genutzt werden. Orientiert man sich dazu am aktuellen Stand der Karosseriefertigung, kommt als Karosserie-Werkstoff eigentlich nur Aluminium als stabiler und recycelbarer Leichtbauwerkstoff in Frage. Aber Kenner der Branche sehen sofort: Diesen konstruktiven Durchbruch wird nur ein konsequent neues Fahrzeug realisieren können. Eine weitgehende Übernahme alter Baugruppen oder Elemente, wie es in der etablierten Autoindustrie Brauch ist, wird einer idealen Lösung immer im Wege stehen. Dieses Ideal gibt es nun und hat einen guten Namen: Uni1. Es ist ein schöner 7-sitziger Van mit kombiniertem elektrischen und Diesel-Antrieb, mit Aluminiumkarosserie das Feinste vom Feinen und logisch brillant. Um das faszinierende Konzept dieses Fahrzeuges verstehen zu können, muß man nicht unbedingt Techniker sein, etwas Autofahrerverstand reicht völlig aus.
Schauen wir einmal unter die Motorhaube des Neuen. Der Diesel des Uni1 e-TDI ist ein im Verbrauch und Abgasverhalten ein vorbildlicher TDI mit 66 kW, genau der Richtige für zügige Überlandfahrten und die Autobahn. Und in einem nur 12 cm schmalen Streifen zwischen Diesel und Getriebe findet man einen integrierten Elektro-Motor mit 30 kW.
Beide Motoren wirken auf eine gemeinsame Achse und bilden mit dem automatisierten Schaltgetriebe ein neues, innovatives Antriebssystem. Einwellen-Parallelhybrid sagt der Fachmann dazu, beide Motoren können getrennt oder zusammen arbeiten. Die Leistung für den E-Antrieb wird von einer modernen Hochenergie-Batterie bereitgestellt, die aus dem Stromnetz oder dem E-Motor in Generatorfunktion gespeist wird. Eine elektrische Steuereinheit, die sogenannte Vehicle Management Unit, sorgt für das optimale Zusammenspiel der Komponenten. Die neu entwickelte Aluminiumkarosserie des Uni1 e-TDI ist eine Space-Edge-Konstruktion. Das Fahrzeuggerippe besteht aus einem stabilen Gitterrahmen gezogener Mehrkammer-Hohlprofile mit Aluminiumblechbeplankung. Mindestens 25% Gewichtsersparnis wird mit dieser modernen Technik realisiert.
Die umweltfreundlichen Kunden werden zudem die 100%ige Recyclingfähigkeit der Karosserie zu schätzen wissen, denn die gezapften und geschweißten Verbindungen bestehen aus legierunqsidentischem Aluminium. Initiator und Leiter dieses Projektes ist nicht einer der etablierten Großen, sondern ein kleineres, innovatives Unternehmen mit großer Geschichte: Sachsenring in Zwickau. Der Autoliebhaber erinnert sich noch: Wurden in Zwickau nicht die legendären Trabis gebaut? War hier nicht die Heimstätte von Auto Union, Wanderer, Horch und anderen Vorkriegsgrößen? Richtig. Aber diese Zeiten sind nun lange vorbei. Die Gebrüder Rittinghaus, erfahrene Industrielle aus dem Westen, erkannten nach der Wende die Möglichkeiten und sanierten das marode Werk mit minimaler staatlicher Finanzhilfe. Wer heute zu Sachsenring kommt, wird mit einer der modernsten Fertigungsanlagen für Metalle und Kunststoffe konfrontiert. Der fest etablierte Lieferant von Fahrzeugsystemen beschäftigt ca. 900 höchst motivierte Mitarbeiter. Sachsenring leitet das Projekt Uni1 und ist für Bodengruppe und Aufbau verantwortlich. Mit zum Projekt-Team gehören die IAV Motor aus Chemnitz, ein Engineering-Unternehmen auf dem Gebiet der Motor- und Fahrzeugentwicklung. Die IAV konzipierte und realisierte vor allem die übergeordnete Fahrsteuerung für den unil. Fichtel & Sachs, renommierte Dritte im Bunde, entwickelte den integrierten Elektro-Antrieb und die Automatisierung von Kupplung und Schaltgetriebe des Uni1. L&R Fahrzeugbau aus Sachsen, anerkannter Spezialist für die Prototypenherstellung baut die Prototypen des Uni1. Diese vier Unternehmen konzipierten und realisierten den Uni1, der aus der Entwicklungsabteilung eines einzigen Herstellers heraus wohl kaum seinen Weg in die Öffentlichkeit gefunden hätte. Geplant sind zunächst drei Fahrzeugtypen: Ein 7-Sitzer, ein Pick-Up und ein 5-Sitzer. Die Marktforscher haben zum unil schon eine ganz klare Meinung: Der Markt der Hybridfahrzeuge wird wachsen. Der größte Teil der Flottenbetreiber (Firmen, Verleiher, Kommunen), deren Fahrzeuge vor allem in Ballungsgebieten fahren, zeigen starkes Interesse an einer emissionsarmen und leistungsstarken Lösung. So beträgt das Potential für den uni1 zur Zeit 8-9 Mio. Fahrzeuge in Deutschland. Ein Erfolg, den man den Zwickauern und den Abgas- und lärmgestreßten Bewohnern der Städte und Ballungsgebiete nur wünschen kann.
Alles in allem, so finde zumindest ich, wäre der Sachsenring Uni1 ein würdiger Nachfolger des Trabant gewesen. Leider ist das nun auch alles nur noch Geschichte, den die Sachsenring AG mußte 2003 Insolvenz anmelden.
Einer der drei Prototypen war ein 7 Sitzer Van
Selbst heute noch würde dieser Innenraum als halbwegs modern durchgehen.
Heimisch- Das Sachsenring Emblem auf dem Tacho