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Autor Thema: Wieder Krach am Kosovo
standard

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Registriert am: 26.01.2002


Nach längerer scheinbar friedlicher Ruhe ist die Gewalt dort unten nun doch wieder ausgebrochen. Was mich immer wieder verwundert: wieso konnten diese Leute zu Zeiten Jugoslawiens problemlos miteinander leben? "Kommunistische Unterdrückung" -So sehr weit soll es mit der unter Tito und später ja auch nicht hergewesen sein...
Das gleiche Phänomen läßt sich in der Ex-SU, z.B.Georgien oder tschetschenien beobachten.
Diese Beispiele lassen mich zu der provokanten Frage kommen: Wieviel Freiheit verträgt der Mensch? - Offenbar nicht allzu viel, zumindest, sobald starke religiöse Gegensätze oder gar - Extremismus dazu kommen. Solange zu Ostzeiten alle die gleichen Arbeits-und Lebensbedingungen (und somit zumindest satt zu essen) hatten, spielten diese Gegensätze offenbar kaum eine Rolle. Erst als nach dem Umbruch einige reicher, die Mehrheit jedoch erstmal sozial schlechter gestellt wurde, brachen diese kaum beherrschbar erscheinenden Gegensätze auf und aus Freunden und Nachbarn wurden leider oft (Bürger-)Kriegsgegner. Wo soll das hinführen? Sollen - unter anderem unsere Jungs - ewig ihren Kopf in eine völlig fremde Schußlinie halten
Deluxe

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Literaturempfehlung:

Marx, Karl:
Dialektischer und Historischer Materialismus

Da sollte die Antwort eigentlich relativ klar drin stehen.
Ich weiß nur nicht, ob man dieses Buch richtig begreifen kann, als einfacher Mensch. Ich hatte beim Kapital mächtig zu kämpfen und es irgendwann aufgrund von Fußnotenfrustration weggelegt.

Porschekiller

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Gab es eigentlich mal eine Zeit richtig Ruhe auf dem Balkan? Ich denke mal, dort zoffen sich die Leute schon seit Menschengedenken.
Deluxe

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Das ist wohl so. In "sozialistischen" Zeiten war nur offiziell Ruhe da unten. Ärger gabs permanent zwischen Moslems und Christen, Serben und Bosniern etc. Aber das hatte man mittels großem Sicherheitsaufwand halbwegs im griff. Und es kam auch nicht jeder frei nach Laune an Waffen ran...
601 Uncrowned

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Bleibt wohl nur, den Leuten beizubringen, dass nicht sie sich bekämpfen müssen, sondern sie die Erben derer, die in Aussicht auf ein noch tolleres Leben beim Religionsvertreter an der Palasttür den Vertrag für ein schönes Paket Staatsreligion unterschrieben haben.

Soll ick 'n Comic draus machen?

standard

Beiträge: 19.357
Registriert am: 26.01.2002


Also ich denke schon, daß dort Ruhe war, solange es Jugoslawien gab. Erst mit dessen Zersplitterung in "Kleinstaaten" ging der uralte, eigentlich überwunden scheinende, Konflikt unter den verschiedenen Bevölkerungs- und Religionsgruppen wieder los. Es ist offensichtlich nur die halbe Miete, "unterdrückten Völkern" einfach "Freiheit" und (sogenannte)"Demokratie" westlicher Lesart überzustülpen und dann den Dingen ihren Lauf zu lassen. Spätestens, wenn religiöse Differenzen dazu kommen, funktioniert das so einfach schon nicht mehr.
pwb601

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Standard: stimmt genau. Siehe dazu auch, was aus der politischen Freiheit der afrikanischen Kolonien nach etwa 1950 geworden ist...
Deluxe

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Es gibt Völker, die die Freiheit nicht vertragen - soweit sind wir uns einig.
Aber das mit der Ruhe aufm Balkan stimmt nicht.
@standard: wie Du schon sagst: überwunden scheinende Probleme. Die waren gezwungenermaßen unterbunden worden, aber die gabs trotzdem. Vorm 2. Wk ganz massiv und nachm Sozialismus wieder. Was solls also. Es gibt einfach Volksgruppen, die eine straffe Diktatur brauchen, weil sie sonst aufgrund ihrer Mentalitäten permanent aufeinander einschlagen. Hat wohl auch was mit kultureller Entwicklung zu tun...
Porschekiller

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Es gab schon immer Krach zwischen bestimmten Völkern und Volksgruppen. Dies zu unterdrücken ist nicht der richtige Weg, eher sinnvolle Lösungen für die Probleme finden. In Jugoslawien war dieser übergestülpte Staat definitiv falsch, in Afrika sind die Grenzziehungen nach europäischen Interessen falsch, in Amerika war die fast vollständige Ausrottung der Ureinwohner falsch. Aber was soll man dagegen tun?
Rex

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Vielleicht sollte man Albanien und Serbien Beitrittsverhandlungen für die Europäische Union in Aussicht stellen. Und sicher wären später auch Irak, Afghanistan, Israel und China als Beitrittskandidaten zu gewinnen.

[Bearbeitet von Rex (22-03-2004 - 12:12)]

standard

Beiträge: 19.357
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@deli: Nichts anderes habe ich gemeint - zu Zeiten Jugoslawiens war dort Ruhe. Weniger wegen staatlichen Drucks, sondern wohl eher, weil alle ihr gemeinsames (auch materielles) Auskommen hatten.
@poki: Warum war Deiner Meinung nach der "übergestülpte Staat Jugoslawien" so falsch DER hat - im Gegensatz zu dem heutigen Chaos - gut funktioniert, vor allem zu Tito´s Zeiten. (Es gab da mal ein interessantes Interview mit "unserem Oberindianer" Gojko Mitic, der aus Jugoslawien stammt. Er - als wirklicher Insider - sah´s auch so. )
Deluxe

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Oder man dreht den Spieß um:
Alle Länder, in denen nach 1990 kriegerische Auseinandersetzungen stattgefunden haben, verlieren automatisch das Recht, Oblekte von Beitrittsverhandlungen zu werden. Dann ist Ruhe...
Porschekiller

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Aber es war doch reichlichkurz nach 1990, daß der Knoten platzte. Ich habe den großen (auch schon durch dort mal wohnhafte Leute bestätigten Verdacht), daß es unter der "Sozialistisch-Harmonischen Oberfläche" schon immer brodelte.
In Spanien ist das doch mit den Basken genau das selbe. Das herrscht auch nur oberflächlich relative Ruhe.
das moss

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die meisten Viel-Völker-Nationen haben "ethnische Probleme"
die dann wenn ein Hauch von Möglichkeit besteht oder genug "Nährboden" für "ethnische Argumente" da ist wird scheinbar jeder zum Patriot oder besser gesagt fühlt sich berufen....... schließlich "ruft" der Islam ja auch seine Jünger auf etwas gegen den gottlosen Westen zu unternehemen.......

Bsp. gefällig?? ehem. SU, CSSR, Jugoslawien Spananien, die USA, UK+Commonwealth, Sri Lanka, China + Taiwan etc. pp.......


um es mit Pispers zu sagen......:

jeder arme Tropf der nichts mehr hat als die Nation in der er lebt wird sich als letztes immer darauf berufen......

PS: Patriot hört sich immer an wie eine Mischung aus PATRiarch und IdiOT....... kommt wwohl nicht von ungefähr....

standard

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Fakt scheint zu sein, daß sich besagte ethnische Probleme unter der "kommunistischen Knute" bisher nachweislich am besten beherrschen ließen.
@mossi: Die Sache mit dem Patr...i(di)ot ist wiedermal ein typisch "moss-limisches" rethorisches Meisterstück!
Deluxe

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@standard:

Ich bin wirklich ein Freund diktatorischer Ideen. Das hängt aber wahrscheinlich damit zusammen, daß ich nie als erwachsener Mensch diktatorische Verhältnisse erlebt habe. Außer der Diktatur des Kapitals jedenfalls keine...

Aber:
Wenn man die ethnischen Konflikte mit Gewalt unterdrückt, werden sie nicht harmloser.

Ich weiß allerdings auch nicht, wie man es anders hinkriegen könnte. Die Menschen sind fürs Gute nachweislich zu dumm. Und zwar überall.
Wahrscheinlich hilft mancherorts wirklich nur eine gesunde starke Hand. Und in den sog. "Vielvölkerstaaten" ganz besonders.

Man darf nur zwei Dinge nicht vergessen, bei deren Betrachtung:
Erstens die Geschichte bzw. die Entstehungsgeschichte solcher Staaten. Meist ist die Existenz derselben nämlich künstlich herbeigeführt worden.
Zweitens die Frage, ob wir aufgrund unserer unkritischen Einwanderungspolitik nicht selber auf dem Wege zu einem Vielvölkerstaat sind, der sich irgendwann mit genau denselben kriegerischen Konflikten zu beschäftigen haben wird, wie heute Jugoslawien, die Rest-SU u.a. Im Klartext: gibt es aufgrund der immer größer werdenden Bevölkerungsgruppe, die nicht unserem Kulturkreis entspringt, aber hier lebt, bei uns die Gefahr eines Bürgerkriegs?

Ich sage klar: JA!
Und das ist furchtbar. Und gefährlich.

das moss

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leider sind die guten Sprüche nicht alle von mir sondern eben von dem (aus meiner sicht besten) Kabarettisten Volker Pispers.....
kann ich nur empfehlen.......

Bsp: Möllemann: ein Fallschirmspringer der an einem Flugblatt zugrunde geht......
leider hat er seinen größten Triumph, den absturz von Friedmann nicht mehr miterlebt.....

CASI

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@Mossi: Heftig aber gut
... und ein Funken Wahrheit wird wohl auch drinstecken
standard

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Ja mossi, den Pispers kenn ích auch - nun weiß ich auch, warum mir der Patri..(di)ot irgendwie entfernt bekannt vorkam!
@Deli: Auch, wenn Du´s als Erwachsener nicht mehr erlebt hast: unter Umständen lebte es sich doch relativ passabel unter der "Diktatur des Proletariats" . Heute alltägliche Sorgen wie das Fehlen einer Lehr-bzw.Arbeitsstelle (nach der Ausbildung)oder die allgegenwärtige Angst vor Jobverlust und dem damit verbundenen sozialen Abstieg waren dort zumindest unbekannt. Es war beileibe nicht alles gut...aber eben auch nicht alles schlecht.
Deluxe

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@standard:
DAS allerdings vermute ich auch. Und gerade die Sache mit der Angst vorm sozialen Abstieg, den Zukunftsängsten überhaupt etc. kommt mir sehr, sehr bekannt vor... Gerade im Moment ist es besonders intensiv...

Wie auch immer:
Es gibt gute Gründe, von der derzeitigen Form von "Demokratie" Abstand zu nehmen. Denn unsere "Demokratie" ist eine Diktatur des Kapitals und der Monopole in Zusammenarbeit mit zu Einfluß gekommenen egozentrischen Minderheiten. Und dagegen hilft nur die Diktatur der Mehrheit. Und das ist im weitesten Sinne die Arbeiterklasse. Oder das, was man von ihr übrig gelassen hat.
Bzw. die Nachfolger der Arbeiterklasse, d.h. die sozialen Mittel- und Unterschichten. Die normalen Leute nämlich.

standard

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Genau! Das sind die, die mit relativ hohem materiellen Wohlstand und bisher ggf. auch guten Sozialleistungen ruhiggestellt wurden.
- Zumindest letzteres bröckelt derzeit rapide...

[Bearbeitet von standard (24-03-2004 - 08:03)]

Deluxe

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Ersteres bröckelt genauso. Meine Frau sollte jetzt auch einen Job annehmen, in dem sie für 4,30€ (brotto) die Stunde hätte arbeiten müssen. Und zwar Minimum 48h/Woche+unbezahlte Überstunden und jeden Samstag arbeiten...
standard

Beiträge: 19.357
Registriert am: 26.01.2002


Wenn man überlegt, was diese 4,30€us unterm Strich noch "wert" sind...eine Frechheit!
Aber es verdeutlicht, wohin der Zug - vor allem im wilden Osten - fährt.
 

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