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Autor Thema: Tempelhof, ein Trauerspiel
Whysker

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Registriert am: 01.05.2007


Nun mal zu einem sehr lokal begrenztem Thema: Tempelhof. Jetzt ist er endgültig geschlossen, nachdem er ja 1975-1985 schon mal zugemacht wurde.
Ich muss gleich vorneweg sagen, dass mich die Schließung überhaupt nicht berührt, weil ich absolut keine Beziehung zu diesem Flughafen hatte. Ausser das nach dem Mauerfall der Flugverkehr wieder über mein Wohngebiet geleitet wurde. Wie schon damals, vor der Gründung der DDR.
Was mich an dem ganzen Thema stört, ist die Art und Weise wie und mit welchen Begründungen die Schließung herbeigeführt wurde. Mit Demokratie hatte das Ganze m.E. nicht viel zu Tun. Dafür ist unser regierender Partymeister ja auch von den GELADENEN Gäste, von denen ja auch lange nicht alle gekommen sind, kräftig ausgebuht worden. Aber vorab schon zu sagen, dass ein Volksentscheid nicht von ihm anerkannt wird, wenn er nicht zu seinem Gunsten ausgeht, ist doch schon ein starkes Stück und bezeichnend für unsere derzeitige Landesregierung. Vor allen Dingen weis man ja noch nicht einmal wie es mit dem Gelände weitergeht. Genau wie mit dem PdR, auf desse Vorplatz erst mal nur grüne (später dann ungepflegte, weil kein Geld vorhanden) Wiese geschaffen wird. Und das Ganze natürlich nur zum Verbrennen unserer Steuergroschen. Nun seid ihr dran, wenn ihr wollt.

[Bearbeitet von Whysker (01-11-2008 - 19:13)]

Christian K

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Am meisten ärgert mich die "Begründung" für die Schließung, das ein Weiterbetrieb den Ausbau von Schönefeld angeblich gefährdet.
Das würde ja heißen, man müßte nun auch alle anderen Flugplätze im Berliner Umland schließen, auf denen sich die Besitzer von bisher in Tempehof untergestellten Privatflugzeuge nun eingerichtet haben.
Und das sind ja nicht wenige Cessnas (sowohl von Hobbypiloten als auch von Geschäftsleuten dienstlich genutzte), die in Tempelhof ihre Garage hatten. Die meisten von ihnen sind nach Schönhagen bei Potsdam umgezogen, sowie nach Strausberg und nach Finow.
Das nächste Ding ist, das in Schönfeld für genau diese kleinen Flugzeuge der allgemeinen Luftfahrt (General Aviation) ab 2011 kein Platz ist bzw. nicht erwünscht sind, wodurch nun auch der ganze private Business-Verkehr spätestens nach der Schließung von Tegel richtig Probleme kriegt, da Schönhagen, Strausberg, Finow usw. nur VFR-tauglich sind (also nur am Tage und bei guter Sicht angeflogen werden können). Das heißt, bei schlechtem Wetter können diese Geschäftsflieger also nur IFR-taugliche Plätze anfliegen. Nach 2011 (Schließung von Tegel) wäre dies im Land Brandenburg nach jetzigem Stand nur noch der Flugplatz Drewitz bei Cottbus. Ansonsten müssen sie nach Leipzig/Halle, Dresden oder Neubrandenburg-Trollenhagen ausweichen, da in Schönhagen kein IFR eingerichtet werden kann, da dieser Platz im Anflugbereich von Schönefeld liegt.
Sieht so aus, als ob Berlin den ganzen privaten Verkehr das Leben schwer machen will, aber genau diese Leute haben das meiste Geld, das sie eigentlich in Berlin liegen lassen wollen.
Deluxe

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Tja...Tempelhof berührt mich in etwa so, wie die Westberliner und die Westdeutschen der Abriß des Palastes der Republik...nämlich nicht die Bohne.

Unterschied:
Die einmalige und sehenswerte Gigantomanie-Architektur in Tempelhof bleibt erhalten und steht zum Glück unter Denkmalschutz.
Die (Groß)Bauten des Sozialismus macht man lieber dem Erdboden gleich...

TV P50

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Vielleicht solltest du irgendwann mal die Mauer in deinem Kopf abreißen...... Ich glaube kaum das das was mit Ost und West zu tun hat.

Der berühmte Vergleich von Äpfel mit Birnen...

Im Gegensatz zum Flughafen Tempelhof, ist der Palast der Republik ein Vogelhäuschen

Christian K

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quote:
Tja...Tempelhof berührt mich in etwa so, wie die Westberliner und die Westdeutschen der Abriß des Palastes der Republik...nämlich nicht die Bohne.

So ist es. Beim Ergebnis des Volksentscheid am 27. April gab es daher auch große Unterschiede zwischen den östlichen und westlichen Stadtbezirken. Es heißt, das die Ostberliner (dort überwiegten die Nein-Stimmen) sich damit für den Abriß des Palast der Republik rächen wollten.

Und was die "Mauer in den Köpfen" betrifft:
Die gibt es sehr wohl noch und wird es noch mindestens so lange geben, bis in Deutschland nur noch Menschen leben, die sich nicht mehr an die beiden deutschen Staaten erinnern können. Und das wird bei der Lebenserwartung der heutigen Bevölkerung noch mindestens 60 bis 70 Jahre dauern bis man sich nicht mehr als Ossi und Wessi beschimpft.

[Bearbeitet von Christian K (01-11-2008 - 22:33)]

Deluxe

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Das hat nichts mit "Mauer im Kopf" zu tun - sondern das sind die nüchternen Fakten.
Ob in Tempelhof nun Flugzeuge landen oder nicht - interessiert in allererster Linie nur die Westberliner Bevölkerung. Schließlich gibt es Erinnerungen...und nicht nur die Luftbrücke.

Macht mal in Berlin 'ne Straßenumfrage zu den beiden Themen Tempelhof und PdR...und guckt Euch dann mal die Meinungsstruktur der ehemaligen Ost- und Weststadtbezirke an.

Außerdem halte ich "Ossi" und "Wessi" nicht unbedingt für Schimpfworte...

[Bearbeitet von Deluxe (02-11-2008 - 11:30)]

Whysker

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Nun ja @Deluxe, mit der Meinungsstruktur Ost-West zum Thema Tempelhof vs. PdR hast du sicherlich Recht, wenn das Alter der Befragten so ist, dass sie die Mauergrenze noch bewusst mitbekommen haben und in den jeweiligen Gesellschaftsordnungen bewusst gelebt haben. Meinen Sohn Bj.´87 ist z.B. der PdR völlig Wurst gewesen. Tempelhof übrigends auch. Die Bezeichnungen Ossi und Wessi finde ich schon irgendwie diskriminierend, weil es auf beiden Seiten grosse Arschl... gibt. Ich habe beide Seiten kennengelernt, wobei es die grössten Ärsche mittlerweile im Osten gibt. Warscheinlich Importe. Aber gut und gleichberechtigt bin ich erst später auf meiner Westarbeitsstelle behandelt worden. Im Osten NIE! Das sagt ein ´Ossi´ der seine Heimat gern hat und seinen Urlaub immernoch in Thüringen, Vogtland und Erzgebirge, Sachsen und an der Ostsee verbringt. Natürlich fahre ich auch mal ins ´westliche Ausland´. Übrigends die Zeiten wie vor der Mauer möchte ich unter keinen Umständen wiederhaben. Ich blicke gern zurück und erinnere mich an die guten Sachen, aber diese Zeiten sind endgültig vorbei und lassen sich auch nicht wiederbringen (ausser mein Trabi, den habsch noch). Deshalb versuche ich jetzt zu leben, und das gelingt mir im Augenblick ganz gut.
wilhelminus

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Mich ärgert es jedes Mal, wenn intakte Infrastruktur aufgegeben wird. Seien es Bahngleise auf stillgelegten Nebenstrecken, sei es die Rollbahn des Tempelhofer Flugfeldes, sei es der bis zur „Asbesthysterie“ intakte PdR.

Weiterhin:
Wie Christian K schon anklingen ließ:
Was passiert, wenn Schönefeld mal kurzfristig geschlossen werden muss. Beispielsweise Kabelbrand im Tower. Was also, wenn nicht nur Tempelhof sondern auch Tegel geschlossen wird. Wohin Flugzeuge leiten, die dringend landen müssen. Auf dem Berliner Ring notlanden lassen?

Stichwort Ost-West:

Ja, es ist bisweilen erschreckend, wie ignorant beide Seiten sind, wenn es um die jeweilige (auch Architektur-)Geschichte des jeweils anderen Deutschlands geht.
Gut, Tempelhof reicht in ein noch anderes Deutschland zurück, aber die Luftbrücke, Reuters Rede („Ihr Völker der Welt…“) und all die Dinge jener Jahre sollten uns (zum großen Teil spätgeborenen) geschichtsinteressierten Gesamtdeutschen von großem Interesse sein. Die Leistung, eine von aller Infrastruktur abgeschnittene Stadt aus der Luft zu versorgen, gilt es zu würdigen, statt sich in alten und überholten antiamerikanischen (oder eben andersherum: antisowjetischen) Affekten zu ergehen.

Deluxe

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Tegel wird ebenfalls geschlossen. Wohl 2010. Man will keinen innerstädtischen Flughafen mehr...und irgendwie ist das auch nachvollziehbar.

Nunja - in tempelhof bleiben alle Gebäude stehen. Die Rollbahn wird kurzfristig auch nicht überbaut. Einzig und allein Starts und Landungen wird es nicht mehr geben. Das Gesamtbild des Geländes bleibt aber erhalten. Und sogar Flugzeuge werden zu sehen sein, wenn das mit dem Museum etwas werden sollte.

Die Frage ist, ob fehlende Starts und Landungen nun wirklich das Kernproblem sind, wenns um Erhaltung von Geschichte geht.

Anernorts wird das immobile Kulturgut radikal dem Erdboden gleich gemacht - und mit Verlaub, DAS ist für mich doch noch eine ganze Spur schärfer, als lediglich eine "Haltestelle" nicht mehr anzufahren...

Rex

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Wenn ich König wäre, dann würde ich aus dem gesamten riesigen Tempelhofer Flughafen-Gelände einen zweiten grünen "Tiergarten", einen riesigen Park machen, Wege anlegen, Bänke aufstellen tausende Bäume, Büsche und Blümchen pflanzen, ein paar stinkende Teiche und Tümpel anlegen mit 'ner Ente drin, einem grünen Hoppefrosch und 'nem Stichling. So wie sich das halt gehört. Natürlich ein paar Buden wo die durstigen Wanderer ein kühles Bier und die Kiddies ihr Himbeereis schlabbern können und dann Naherholung pur für alle großstadtgeplagten Berliner.
Marlene

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Dafür! Gern auch mit zwei Enten!
Gruß,
Marlene
standard

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Zitat: "Was passiert, wenn Schönefeld mal kurzfristig geschlossen werden muss. Beispielsweise Kabelbrand im Tower. Was also, wenn nicht nur Tempelhof sondern auch Tegel geschlossen wird. Wohin Flugzeuge leiten, die dringend landen müssen. Auf dem Berliner Ring notlanden lassen?"

Das wiederum ist nun kein wirkliches Gegenargument - sollte dieser (eher unwahrsteinliche) Fall mal eintreten - dann werden die Fleiger z.B. nach Leipzsch ( ) umgeleitet - flugtechnisch ein reiner Katzensprung. DAFÜR muß man nicht 1 oder 2 Zusatz-City-Airports vorhalten...
Ob es nun sinnvoll ist, Tegel 2010 >>kpl.<< zu schließen, steht auf einem anderen Blatt. Wir haben gute Bekannte in Spandau - die wohnen genau in der Einflugschneise. Sie werden gewiß nicht böse sein, wenn der (stoisch ertragene) Lärmterror eines schönen Tages vorbei sein wird....

Whysker

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Siehste @Rex, deshalb bist du kein König. Du hast an das Volk gedacht, das macht kein Mächtiger. Auch nicht wenn er ohnMÄCHTIGER Partykönig der Berliner Provinz ist.
wilhelminus

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zu Tegel:
Ich bin der Meinung, dass die Hauptstadt eines Landes durchaus zwei jumbotaugliche Flughäfen in Betrieb halten darf...


Christian K

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zu Tegel:
Ja das ist richtig. Zumindest aus der Sicht all derjenen, die im Norden oder nördlich von Berlin leben. Weil die müßten ab 2011 durch die ganze Stadt oder um Berlin herum fahren, wenn sie zum Flughafen wollen. Aus der Sicht der Leute, die südlich von Berlin wohnen (dazu gehöre auch ich ) kann man es natürlich kaum erwarten, das Tegel dicht gemacht wird und der ganze Verkehr nach Schönefeld verlegt wird. Nach Schönefeld fahre ich nur 45 Minuten und die Strecke ist so gut wie nie staugefährdet. Nach Tegel fahre ich zwei Stunden - wenn(!) man gut durchkommt. Genau das ist für mich auf dem Weg nach Tegel immer der Horror: Nur wenige Meter vor dem Ziel auf der Stadtautobahn im Stau zu stehen.

[Bearbeitet von Christian K (05-11-2008 - 13:50)]

Schumi

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quote:
zu Tegel:
Ich bin der Meinung, dass die Hauptstadt eines Landes durchaus zwei jumbotaugliche Flughäfen in Betrieb halten darf...

Prinzipiell ja. Ob es aber angesichts der haushaltspolitischen Gesamtlage finanziell klug wäre, es zu tun, steht auf einem anderen Blatt.

Stichwort Lärm: Bis zum Bau der Umgehungsstraße Mitte der 90er gingen mit der B/F 180 und der B/F 176 gleich zwei vielfrequentierte Bundes-/Fernverkehrsstraßen mitten durch Freyburg. Direkt an der Hauptstraße bin ich aufgewachsen, Schlafzimmer ging (natürlich!) nach vorne raus.

Selbst nachts fuhren im Zehnminutentakt die schweren Kamas-Auflieger von der Sandgrube durch die Stadt zur Verladung am Bahnhof. Es war normal. Man kannte es nicht anders. Es hat sich niemand wirklich beklagt. Den Unterschied merkten wir erst, als die Ortsumgehung fertig war. Dann wurde uns erst wirklich klar, was wir wirklich jahrelang als gegeben hingenommen haben.

Will sagen: Lärm muss man nicht dramatisieren. Wer damit aufwächst, kennt es nicht anders. In gefühlten 90% aller ähnlichen Fälle (uns wenns nur um eine nachts schlagende Turmuhr geht) sind Zugezogene diejenigen, die am lautesten nach Ruhe schreien...

standard

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Was aber nichts daran ändert, daß Lärm (vor allem eben solch extremer Dauerlärm) ungesund ist und nachweislich auch richtig krank machen kann. Man denkt, man gewöhnt sich daran - aber eigentlich stumpft man nur ab...(oder wird knopphörig - was bei mir mittlerweile schon losgeht, arbeitsbedingt).
Rex

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Die Anwohner können jedenfalls im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen. Im Fernsehen haben die erzählt, dass deren ganze Bude nach Kerosin stank, wenn die mal das Fenster aufgemacht haben. Vom Lärm ganz zu schweigen.
Ich kenne Tempelhof und auch Tegel und weiß, wie niedrig die großen Boliden da über die Köpfe wegdonnern. Ein Flughafen gehört nun mal nicht mitten in eine Stadt, so bequem es auch sein mag.
 

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