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Trabiklatsch » Wer aus dem Westen war eigentlich schon mal in der DDR, als es sie noch gab? |
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Autor | Thema: Wer aus dem Westen war eigentlich schon mal in der DDR, als es sie noch gab? |
Trabi Strietzl
Beiträge: 3.045 |
Das würde mich mal interessieren. Ich selber habe die Grenze leider erst überschritten, als sie schon längst gefallen war, im Jahr 1991. Die "DDR" konnte ich nie kennenlernen, es gab sie ja zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr. Vor vielen Jahren, als ich noch ein junger Schüler in der zweiten Klasse war, wußte ich, daß es eine DDR gab und dachte wärend dem Unterricht darüber nach. Ich erinnere mich noch ganz genau daran, ich war zeitweise völlig unaufmerksam im Unterricht und machte mir meine Gedanken. Wie wohl wirklich das Leben in der DDR wäre? Letztendlich kam mir plötzlich der Gedanke, daß die DDR eines Tages verschwinden wird und Deutschland wieder ein Land sein wird. Die Jahre vergingen und ich dachte kaum noch an meine früheren Gedanken, die mich damals bewegten. Durch den Alltag im Westen, geriet so vieles in Vergessenheit. Im Jahr 1989 kam dann das, was ich mir schon früher gewünscht hatte. Es kam die Nachricht, daß die Mauer gefallen ist. Ich freute mich damals mit meinen "Nachbarn" (und Verwandten) aus dem Osten und feierte, wenn auch nur vor dem Fernseher, mit ihnen. Sie waren nun endlich frei und konnten machen, was sie wollten. Für mich selbst ging ein alter Traum in Erfüllung, daß Wir wieder ein Deutschland werden. |
Elfriedewilli
Beiträge: 1.918 |
Auch ich bin im "Kapitalistischen Ausland" aufgewachsen, und bin schon seit meiner Kindheit sehr viel auf diesem Planeten rumgekommen. Die DDR kannte ich nur aus den Erzählungen unserer Nachbarn, die damals (kurz vor dem Mauerbau)übergesiedelt waren in den Westen. Was mir auffiel war, das diese die DDR nie als DDR bezeichnet haben, es hieß immer "wir fahren in den Ferien zu den Verwandten in die (Ost-)Zone. Im Geschichtsunterricht wurde das Thema DDR nie angerissen, für mich war dieses Land weiter weg und unbekannter als beispielsweise Afrika. Das erste mal war ich im Mai 2002 in der ehemaligen DDR, hatte aber faktisch schon seite der Wende Kontakt zu Kollegen die aus der DDR kamen. Wie es dort aussah und wie es wirklich war, habe ich aber erst erfahren, seit ich regelmäßig (alle 6 Wochen )in BTF bin. Die Aussagen der Menschen, die die DDR direkt vor oder nach dem Mauerfall verlassen hatten, um in den Westen zu gehen, sind teilweise sehr stark abweichend, von denen die dort geblieben sind. Hier empfinde ich ein starkes, ich will es mal so ausdrücken, "Schlechtreden und Verteufeln" der ehemaligen DDR. Es wird teilweise alles "Miesgeredet", die Menschen die ich jedoch im Osten treffe spiegeln ein ganz anderes Bild von der DDR wieder, geben mir ein Bild von einem durchaus schönen Land mit freundlichen und netten Menschen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, Hilfsbereitschaft, Kammeradschaft etc., das man im Westen so eigentlich nicht kennt. Ich hoffe, ich trete jetzt hier keine OST/WEST Podiumsdikussion los, ich sage einfach mal meine Meinung und schildere meine Eindrücke, es möge sich bitte keiner angegriffen fühlen !!! Im Westen herscht einfach ein anderer, etwas härterer Umgangston, viele der oben angesprochenen Dinge vermisse ich hier. Seit ich mich in BTF "rumtreibe" habe ich mich nicht mehr mit diesen "Vorurteilen" und Veralgemeinerungen zufrieden geben wollen, deshalb bin ich sehr viel rumgereist und habe mir viel angeschaut, Museen besucht, Kontakt zu der Bevölkerung gesucht und Freundschaften aufgebaut. Dadurch hat sich für mich ein ganz anderes Bild dieser DDR aufgetan, ich denke ich weiß sehr viel mittlerweile darüber wie es denn wirklich gewesen sein muß. Für einen "Wessi" ist das eigentlich schon ein erstaunliches Wissen, das ich da geschichtlich angesammelt habe, das regelmäßig zu Verwunderung bei "Ossis" führt, und teilweise Unverständnis bei "Wessis", wenn ich mal wieder lauthals protestiere, wenn irgendwo falsche oder völlig überzogenen Meinungen über die Neuen Bundesländer und deren Bevölkerung kundgetan werden. Man möge mir die Bezeichnungen "Ossi + Wessi" bitte verzeihen, sie sind keineswegs abwertend gemeint. Zum Zeitpunkt des Mauerfalls lebte ich in St.- Moritz in der Schweiz, dort habe ich von dem ganzen Trubel kaum etwas mitgekriegt. Im Nachhinein betrachtet wäre ich viel lieber "mit dabei" gewesen, ich empfinde es so, als das ich da etwas sehr wichtiges verpasst habe, das ich nie wieder nachholen kann. Einige Zeit nach der Wende war ich dann wieder im Düsseldorfer Raum wohnhaft, und habe halt viele Arbeitssuchende und Übersiedler kennengelernt. Bei der Spedition, bei der ich damals in Lohn und Brot war, hatten wir viele Kollegen die dann als Subunternehmer mit Ihren IFA´s und ihrer neu gegründeten Selbständigkeit bei uns auf dem Speditionshof in Ihren LKW´s "gewohnt" haben. Die Chefin hat jeden Tag für über 20 Mann gekocht, der Aufenthaltsraum war Komunikationscenter, Schlafraum, Umkleideraum, Kneipe und Kantine in einem und war 24 Stunden am Tag in irgend einer Weise in Benutzung. Alle Kollegen, Ossis wie Wessis, haben zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Es wurden IFA´s und Trabis repariert was das Zeug hielt, "gestrandete" Trabis unserer Wochenendpendler hunderte von Kilometern entfernt per LKW geborgen, damit jeder Montags wieder seinen Job machen konnte, Ersatzteile organisiert, Wohnungen besorgt, Konsumgüter besorgt, diejenigen die nicht jedes WE heim fahren konnten wurden auf Familienfesten der Kollegen mitgenommen, es wurde gefeiert und hart gearbeitet, Fahrgemeinschaften organisiert, Familienheifahrten mit den LKW´s der Spedition organisiert und damit überhaupt erst ermöglicht, das solche Dinge wie Waschmaschinen und Kühlschränke etc. mit nach Hause reisen konnten. Das war eine schöne und spannende Zeit. Es entstanden richtig gute Freundschaften, die alle noch bestehen. Wir fahren zb. noch jedes Jahr mit 2 Familien aus dem Osten auf den Campingplatz, die Zeit hat zusammengeschweißt, trotz oder gerade wegen der vielen Arbeit und den doch turbolenten Zeiten. Aus dieser Zeit sind noch 2 Trabis übriggeblieben, die einfach auf dem Speditionsgelände stehen geblieben sind und in einer Ecke der Halle als Ersatzteilspender ausgeschlachtet wurden. Mittlerweile bin ich als einziger als Trabi-Pilot übriggeblieben, die teilweise später fest eingestellten Mitarbeiter sind alle auf Westbleche umgestiegen. Die Freundschaften sind erhalten geblieben, und wenn ich ab und an dort vorbeikomme (ich arbeite nicht mehr dort) will jeder wieder mal im Trabi sitzen. Auf den Trabi (oder zum Trabi) bin ich erst später gekommen, hatte diesen Traum vom "Traumauto" aber immer wieder verwerfen müssen, es fehlte Zeit, Geld oder was weiß ich was. Erst als meine Frau (kommt aus BTF) dann mal wieder vom Trabi schwärmte, hab ich den Mut neu gefasst und mal Nägel mit Köppen gemacht. Die Idee des Trabant war neu gebohren und ich hab mir im Mai 2003 meine erste Pappe gekauft (und gefahren !!). Es kahm wie es kommen mußte, ich wurde augenblicklich vom Trabivirus befallen und habe innerhalb von nur 3 Jahren 3 Trabis, 1 HP 500 und einen Klappfix kaufen müssen!! Ich wollte mir übrigens damals ursprünglich zuerst einen Unimog kaufen und zum Wohnmobil ausbauen, das ist nämlich auch so ein Traum (bin vom LKW Virus gleichermaßen befallen) von mir, aber der Trabi hat dem Unimog den 1. Rang abgelaufen, und im Nachhinein bin ich sehr froh darüber, das er dieses "Rennen" gewonnen hat. Ja, so bin ich zum Trabant gekommen, so hab ich die Wende erlebt und die ehemalige DDR kennengelernt. Durch die familiäre Bindung komme ich natürlich noch an viele Punkte und Orte, treffe Menschen, die der "normale" Wessi bei seinen möglichen Reisen in die neuen Bundesländer nie zu Gesicht bekommt. Das erweitert den Horizont natürlich gewaltig, und gibt mir ein effektiveres Bild wie es war in der DDR. Meine Frau und meine Schwiegereltern meinen immer, an mir wäre ein Ossi verlohren gegangen, und ich denke manches davon stimmt auch. Ich denke, ich hätte in vielen Dingen sehr gut mit (oder in) diesem Staat leben können. Wenn ich mir meine Jugendzeit im Westen anschaue, da hat meine Frau und deren Brüder doch einiges erlebt was mir gefehlt hat. Aber das ist ein Thema, das sollte man im kleinen Kreis bei einer Flasch eWein philosphieren Jedes System hat(te) seine Vor- und Nachteile, wir können es ohnehin nicht mehr ändern und müssen unseren jetztigen Weg weitergehen. Ich empfinde es auf jeden Fall als sehr positiv, das Deutschland zusammengewachsen ist (oder wächst ?!?). Vieles war im Osten besser zb. Bildung, Staats- und Völkerkunde, Kinderbetreung, Jugendarbeit, dafür mußte man halt auf andere Dinge verzichten. Aber ich kann jeden beruhigen, ob im Trabi an die Ostsee, oder im Ford Eskort an die Nordsee, bei einem verregneten Sommer war die Ferien für Ost und West gleichermaßen im Eimer man muß halt immer das Beste aus seinem Leben machen, dann läuft das auch. |
standard
Beiträge: 19.357 |
Sehr interessante Abhandlung, @ Elfriedewilli! Leider ist das Interesse am jeweils anderen "Landesteil" in aller Regel nicht so ausgeprägt - daraus resultieren wohl auch die zahlreich gebliebenen Verständigungsprobleme zwischen Ost und West... Wir Ossis hatten es übrigens damals weitaus leichter, ein halbwegs reales Bild des westgermanischen Lebens zu bekommen, - vorausgesetzt, man hatte Westfernsehen und hat sich dann auch für die diversen Polit-Magazine interessiert. |
601 Uncrowned
Beiträge: 4.632 |
Den West-Berlinern braucht man die Eingangsfrage erst gar nicht zu stellen. Die sind für die 25 DM Zwangsumtausch in den Osten lieber in den Zoo gegangen! |
Beppo
Beiträge: 12.828 |
Zitat von Elfriedewilli quote: Genau dieses Bild kennen eben die wenigsten in den alten Bundesländern. Ich weiss noch, wie mir kurz nach der Wende die Inhaber eines Autohauses (beide schön älteres Semester) folgendes erzählten: "Der Außendienst unserer Automarke ist ein netter älterer Herr aus dem Westen und wir verstehen uns prima. Er hat mal zu uns gesagt 'Was ihr sehr bald vermissen werdet in diesem Staat ist eure Gemütlichkeit'" Ich will damit nichts schönreden, sicher gab es Schattenseiten und Mißstände, aber Hand aufs Herz: Ist das denn jetzt soviel anders ? |
Hegautrabi
Beiträge: 11.164 |
Hin und wieder kommt das alte Wir-Gefühl aber noch auf, als ich in Bitterfeld beim Sandsäcke füllen half war es da! |
Beppo
Beiträge: 12.828 |
Stimmt! Ich war 2002 auch in Dresden... |
heckman
Beiträge: 8.322 |
Wobei man daran denken sollte, daß mit Sicherheit nicht mal 50% der verbrauchten Bundesbürger in den neuen Bundesländern war um sich mal Eindrücke zu verschaffen.... |
Jabberwockey
Beiträge: 1.391 |
@heckman: Müssen Sie das denn? Wenn mal man vereinfacht annimmt, dass die DDR ~20 Mio Einwohner hatte, die BRD zu dieser Zeit mit ~60 Mio Einwohnern daherkam, bedeutet eine Quote von 50%, dass schon mehr "verbrauchte" Bundesdeutsche das Gebiet der ehemaligen DDR besucht haben als diese Einwohner hatte. Ich finde, das ist gar kein so schlechtes Ergebnis. Gruß, Jabberwockey |
Elfriedewilli
Beiträge: 1.918 |
@Beppo; @Hegautrabi: stimmt! 2002 in BTF war schon eine ganz besondere Aktion, und das hat auch nur so gut geklappt, weil wir alle zusammengehalten haben und geschuftet wie die Tiere! |
pwb601
Beiträge: 3.903 |
Jabberwockey: dazu kommt, daß von den 60 Millionen soundsoviel Millionen entweder kleine Kinder oder noch viel eher alte Leute waren bzw. sind. Dazu kommt, daß Bauer Witte hier aus der Nachbarschaft herzlich wenig mit Reisen am Hut hat, der war sein Lebtag nich mal aus dem Kreis raus, in dem er geboren wurde ( |
standard
Beiträge: 19.357 |
@Jabber: "Müssen" müssen sie nicht - es würde aber über manche innerdeutsche "Verstimmung" hinweghelfen können, da bin ich mir fast sicher. Hinzu kommt erschwerdend auch noch, daß oft gerade jene Altbundies, die nie den Osten (geschweige denn die DDR) jemals selbst gesehen haben, die größte Lippe zum Thema riskieren. Da fällt mir ganz spontan jener Buchautor "Arbeiten wie bei Honecker, leben wie bei Kohl" ein, dessen Ost-"Erfahrungen" sich nach eigener Aussage auf die Transitstrecke nach West-Berlin beschränkten... |
limokombi
Beiträge: 1.050 |
Also ich denke auch das das mit dem hinfahren und kennenlernen so eine Sache ist. Es gibt meines Erachtens auch sehr viele Ostdeutsche die noch nie bzw. nur sehr selten in Westdeutschland waren, und ich schließe mich da gern mit ein! Ich war bis jetzt gerade mal in Stuttgart (Bruder wohnt dort) und in Köln und Düsseldorf (Messe, von Arbeit wegen) mit meinen 24 Jahren. Ich leide nicht gerade unter Fernweh, und daher erstreckt sich mein Reisehorizont auch gerade mal vom Erzgebirge bis zur Ostsee (Schließlich läßt die Landschaft in Sachsen auch keine Wünsche offen, abgesehen mal vom Meer. ). Wenn ich mit Westdeutschen reden, dann meist mit Touristen im Urlaub bzw. in Dresden. Natürlich sind da auch "Dumme" dabei, die denken wir lebten bis 89 hungernd in Erdhöhlen, aber die überwältigende Mehrheit sind doch nette und aufgeschlossene Leute. Natürlich gibt es da auch immer noch das Mentalitätsproblem, aber auch der Sachse hat ja eine andere Mentalität als z. B. der Pommer bzw. der Berliner, oder nicht? PS.: Mir wird auch oft genug schlecht, wenn ich mit Leuten rede, die ihren Urlaub im Ausland verbringen. Wenn man die dann z. B. fragt: wie die Menschen dort so sind, was für Landschaft, was für Geschichte, was für Architektur ... dann machen viele nur große Augen und fasseln was wie toll der Strand war... [Bearbeitet von limokombi (13-01-2006 - 10:34)] |
Elfriedewilli
Beiträge: 1.918 |
@limokombi: die Sächsische Landschaft + Ostsee können es meiner bescheidenen Meinung nach mit nichts von Restdeutschland aufnehmen, da gebe ich Dir schon recht. Ich würde auch das Erzgebierge dem Schwarzwald vorziehen, und die Deutsche Nordsee - na ja .... Was Du schreibst bezüglich der "Dummen" ist genau der Punkt. Die Theorie das die Ossis so lebten (ich ergänze: "und mit Fußlappen umherliefen" ) ist zb. auch eine Sache, die mich maßlos aufregt. Diese "Dummen" sterben leider nicht aus, und das sind die Typen, die überhaupt keine Ahnung haben was der Osten geleistet hat und was an technischen Know-How produziert wurde. Ich werde nie die blöde Fratze des Tüv Prüfers vergessen, als er das erste mal eine hydraulische Auflaufbremse nebst dem hervorragenden Fahrwerk beim Klappfix gesehen hat. Aber in diesen Köpfen tickt nur, das die Ossis ja technisch überhaupt nichts drauf hatten, sonst hätten sie ja nicht so lange Trabis fahren müssen. Ohne den nötigen Background werden Behauptungen aufgestellt von "Faul" bis "keine Ahnung". Was mich zudem noch sehr erschreckt, und ich kann es absolut nicht nachvollziehen und fassen, woher teilweise dieser Hass auf die Ossis kommt. Keiner dieser "Dummen" hat je die neuen Bundesländer betreten (und es wird lautstark gepöbelt, das sie das auch niemals tun werden). Keinem wird irgend etwas weggenommen nur weil die Mauer nicht mehr steht und weil jeder das Recht hat, dahin zu gehen wo er Arbeit und Bleibe findet. Dieses Recht steht jedem zu. Auch ich bin nicht ganz glücklich in der Region Düsseldorf, und beobachte den Raum Leipzig, Bitterfeld-Wolfen sehr genau, was den Arbeitsmarkt dort angeht. Auch wir spielen mit dem Gedanken, nochmal umzuziehen. Und ich bin mir sicher, das uns garantiert keiner deswegen anpöbelt und verbal auffordert, wieder hinter die Mauer (aus welcher Betrachtungsweise auch immer) zu gehen. Was in diesen Köpfen tickt kann einem nur Angst machen, da wird geradezu Hass geschürt, mit den verbalen Entgleisungen die Mauer wieder aufzubauen. Deine Erfahrungen im Westen beschränken sich natürlich auf 2 Wirtschaftsregionen, die absolute Ballungsgebiete sind. Rund um Düsseldorf ist es schon sehr extrem, alt werden möchte ich hier keineswegs. Hier ist die Hektik extrem, und die geht selbst mir auf den Zeiger. Und ich darf das sagen, denn ich bin hier gebohren und aufgewachsen. Ich habe durchaus ruhigere Orte kennengelernt, an denen ich mich bedeutend wohler gefühlt habe, denn ich habe schon in vielen unterschiedlichen Regionen gelebt und gearbeitet. Düsseldorf/Köln ist krass, hier wird beispielsweise nicht Auto gefahren, hier wird "gekämpft" |
limokombi
Beiträge: 1.050 |
@ Elfriedewilli Naja ich wollte damit ja auch nicht sagen, das Sachsen nun die einzige schöne Ecke in Deutschland ist, aber es ist mir halt emotional die wertvollste! Denn wie heist es so schön: "Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah... Oder um es mit den Worten unseres Heimatschriftstellers Edgar Hahnewald zu sagen: "Ja, es gibt großartigere, beeindruckendere, überwältigendere Landschaften als diese,... aber dies ist unsere Heimat!" PS.: Über die "Dummen" länger zu reden, ist sinnlos, ich zitiere da gerne Schiller: "Mit der Dummheit kämpfen selbst die Götter vergebens" [Bearbeitet von limokombi (13-01-2006 - 11:26)] |
Jabberwockey
Beiträge: 1.391 |
@standard: Wie weit bist du denn schon in Deutschland rumgekommen? |
heckman
Beiträge: 8.322 |
@Standard Eben! Diese Erfahrung mache ich auch oft. Die, die am meisten dummes Zeugs reden und alles östliche verteufeln und verdummen, waren noch nicht ein einziges mal im Osten. Ich hab sehr viele Arbeitskollegen, mit denen ich mich über den damaligen Osten unterhalte (nicht das ich das Bedürfnis habe, ich werde meist darauf angesprochen, jeder weiß, woher ich komme, man siehts ja sofort am Auto aufm Parkplatz Die jenigen, die die schönen Seiten gesehen haben, fahren immer wieder hin. Zum Beispiel zu Motorradtreffen, die nach Aussage eines Kollege im Osten viel familienfreundlicher und ohne Schlägereien abgehen. Seit dem fährt er nur noch nach Oschersleben, Zschopau etc. Es ist auch sehr Generationsabhängig, die 45 - 60 jährigen maulen am meisten. Fragt man einen 14 jährigen, wird man nur schief und fragend angesehen. |
standard
Beiträge: 19.357 |
Nunja @ Jabber - nicht wirklich viel, aber immerhin waren Bremen, Hamburg, WOB, Westharz und Bayern dabei. Etwa zu gleichen Teilen dienstlich und privat. Es könnte sicher mehr sein... ABER, der wichtigere Punkt ist vielleicht: ich interessiere mich für die "andere Seite", und zwar schon von Kindheit an und somit lange vor der Wende. Und wenn bei mehr DDRlern das Westfernsehen nicht nur aus Traumschiff, Dalli-Dalli und Schwarzwaldknete bestanden hätte, sondern eben auch viel aus Report, Panorama, Monitor, Kennzeichen D & CO - es hätte bei so manchem nicht diese unerwartet unsanfte Landung in der gesamtdeutschen Realität gegeben. Meine Euphorie und Blauäugigkeit hielt sich seinerzeit jedenfalls doch in gewissen , relativ realitätsnahen Grenzen... Umgekehrt trifft dieses weit verbreitete Desinteresse eben sowohl damals wie heute auch auf viele Altbundesbürger zu - was dann mitunter zu den oben von meinen Vorrednern beschriebenen Auswüchsen führen kann. Ich hatte bei der OMMMA in MD an meinem Trabi mal ein sehr nettes Gespräch mit einem älteren Herren aus Bonn. Dieser meinte u.a.: "Wenn man das hier alles so sieht - es ist schon sehr erstaunlich, wieviel im Osten damals erreicht und auf die Beine gestellt wurde - trotz der viel schlechteren Ausgangssituation. ... Viele meiner Landsleute denken sie wären etwas besseres, nur weil sie im Westen gelebt haben all die Jahre. Ich halte das erstmal für keinen großen, persönlichen Verdienst... Viele Leute bei uns kennen den Osten leider gar nicht - wollen die wohl auch nicht, fürchte ich..." [Bearbeitet von standard (13-01-2006 - 16:39)] |
poetpoet
Beiträge: 155 |
Bin ja aus dem Südwesten und ein echtes "Mauerkind" (BJ 61). DDR war für mich tiefstes Ausland. Dass man dort deutsch sprach war für mich kein Kriterium. Das taten die Österreicher, die Schweizer und die Elsässer um die Ecke auch - und die kann ich bis heute immer noch besser verstehen als so manchen Erzgebirgler Und "Ausland" im Sinne von: "Da ist es aber arg anders als bei uns" ist es für mich immer noch irgendwie. Merkt man daran, dass ich Sachsen, Thüringer, Brandenburger und Mecklenburger auch heute noch meistens spannender finde als Pfälzer und Schwaben, und was hier unten so rumkreucht. Ostalgie ist für mich "exotisch" im positiven Sinn: Anderes Essen, andere Kultur, andere Interessen, anderer Humor - toll! Deshalb bin ich auch so oft drüben. Potsdam, Güstrow, Rostock, Schwerin, Leipzig, Dresden, Berlin, Cotbus, Wismar, Schwerin, Jena, Erfurt, Weimar, Eisenach, Chemnitz, Bautzen, Zwickau, ich kenn mich in Neufünfland erheblich besser aus, als in NRW, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Und meinen Schatz hab ich zum Arbeeden rübergeschickt: Die war 1993-95 in Rostock und jetzt seit nem Jahr in Leipzig. Das ist mindestens so exotisch wie ihre 5 Jahre "Gastarbeiter"dasein in Belgien! Vor der Wende war ich eigentlich nur einmal in der SBZ: Transit quasi - Ostberliner Flughafen (Schönefeld?!)um mit Aeroflot nach Moskau zu fliegen. Und das Beste: Ich hab den Mauerfall am Fernseher in Moskau erlebt und hab verzweifelt versucht, am Tonfall des Nachrichtensprechers rauszuhören, ob die Sowjets das nun gut finden, oder nicht... Und die Rückfahrt vom Flughafen Ost nach Westberlin war irre: Wir im Reisebus im stundenlangen Megastau von hunderttausenden Trabis umgeben (damals wurde ich dann wohl konditioniert...T-R-A-B-I - gut! |
Elfriedewilli
Beiträge: 1.918 |
@poetoet: "exotisch + toll", so empfinde ich es auch. Im Centro in Oberhausen war ich auch noch nie, die Kö in Düsseldorf kenne ich auch nur aus beruflichen Gründen, aber das Einklaufzentrum in Dessau zur Weihnachtszeit, oder Leipzig beispielweise, das ist einfach ein Muß. Ein Wochenende im Osten empfinde ich wie 1 Woche Urlaub, das ist für mich Leben pur.
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Lloyd
Beiträge: 56 |
Bin 1975 als 9-Jähriger das erste Mal mit den Eltern zu Verwandten nach Rostock gefahren. War zu Anfang ganz angetan von den Trabis, allerdings nur ca. 20 Minuten lang, da ich dann gemerkt hatte, dass fast jedes Auto ein Trabi ist. Begeistert war ich vom 412er Mossi unserer Verwandten. Während unseres gesamten Aufenthalts war ich ausnahmslos Mitfahrer im Mossi. Sehr abgetörnt hat mich hingegen als Kind die Einkaufswelt der DDR, insbesondere die (z.T. Behelfs-) Verpackungen. In Konsum und HO ist mir der Appetit vergangen. Heute ärgere ich mich darüber, wie man von der westlichen Verpackungsindustrie geprägt wurde. Letzten Endes sollte ja der Inhalt interessieren und nicht die Verpackung. Wieder im Westen hat es dann ca. 1 Jahr gedauert, bis ich wieder jedem (im Westen sehr seltenen) Trabi Aufmerksamkeit gewidmet hab. Mittlerweile war ich mit einem Klassenkameraden und dessen Geschwistern aus einer DDR-Pfarrersfamilie befreundet, die 1975 aus der DDR ausgewiesen wurden. Bei Schlechtwetter haben wir dann mit Wartburg und Trabant aus Plaste in 1 : 43 (?) gespielt. Da in einem Zipfel Westdeutschlands, halb umschlossen von der DDR, aufgewachsen, gehörten auch die Programme DDR 1 und 2 zum Teil mit zum abendlichen Fernsehprogramm, da so weit östlich das 3. Programm West nicht zu empfangen war. Unsere Lehrer stammten fast zur Hälfte aus dem Osten, die meisten sind kurz vorm Mauerbau rübergekommen. Daher wurde auch Russisch in der Schule angeboten, und ich nahm ein halbes Jahr teil, bis klar wurde, dass die großartig angekündigte Moskau- und Leningrad-Fahrt doch nicht stattfindet. Zu Bundeswehr-Zeiten haben wir übrigens tierischen Ärger bekommen, als wir abends spaßeshalber mal den Schwarzen Kanal angeschaut haben. Im September 1989 habe ich dann ein Visum für den kleinen Grenzverkehr beantragt, um öfter mal in die DDR zu kommen. Bis das durch war, war die Mauer schon weg, und viele Erkundungstouren in die östlichen Nachbarkreise fanden statt. Am 10.11.1989 sah ich mir in Göttingen einen P50/2 Bj. 62 genauer an, ohne zu merken, dass noch jemand drin saß, und sofort sollte das Auto für 500,-DM-West an mich verkauft werden. Habe dankend abgelehnt; Fahrzeug war zustandsmäßig so, dass es 1990 garantiert nicht überlebt hat. 1990 wurde der Sommerurlaub im Erzgebirge verbracht, noch mit originalem Klopapier in der Unterkunft!, und abends meist im FDGB-Heim gegessen. Seit 1993 lebe ich im Osten, wo anfangs viele Mit-Studenten noch Trabant/Wartburg fuhren, und ich immer ganz ganz heiß war, mal ans Steuer zu kommen, was auch gar kein Problem war. Später war ich noch Mitbesitzer von 2 WG-Trabis, wollte aber keinen Eigenen, weil mir schon klar war, dass er eine ziemliche Konkurrenz zum Lloyd wird. 1999 gings dann doch nicht mehr anders, und ich musste den einen Vierthand-WG-Trabi endgültig gegen eine Gebühr von 1,75DM übernehmen. Tierisch genervt hat mich Mitte der 90er wie ich ständig die ganze DDR in Schrottcontainern vorbeifahren sah, so dass ich aus dem Müll und Schrott wieder dies und jenes rausgezogen hab, da ich nicht nur Wessi, sondern auch Messi bin, z.B. das Sandmännchen mit dem ich ja auch aufgewachsen bin. Im Extremfall bis zu leeren Wurstdosen vom SVKE, die ich meiner Freundin geschenkt habe, die dort früher gelernt hat. Den Palast der Republik habe ich 1982 auf Oberstufenfahrt besucht. Jetzt habe ich ihn doppelt, einmal als Annaberger Puzzle und einmal als Alu-Wandteller. |
standard
Beiträge: 19.357 |
>>"Zu Bundeswehr-Zeiten haben wir übrigens tierischen Ärger bekommen, als wir abends spaßeshalber mal den Schwarzen Kanal angeschaut haben."<< - Und ich dachte immer, derartigen Ärger gab´s im umgekehrten Falle nur bei der NVA (wenn man z.B. heimlich das "ZDF-Magazin" geguckt hätte). |
Lloyd
Beiträge: 56 |
Das hatte ich bis zu dem Zeitpunkt auch immer gedacht ! |
Beppo
Beiträge: 12.828 |
Tja, Klassenfeind ist Klassenfeind, egal aus welcher Richtung |
Polar
Beiträge: 242 |
Das erste nmal in der DDR war ich erst *schäm* Ostern 1990, war ein kurzfristig geplanter Osterurlaub meiner Eltern, Dresden/Leipzig/Meissen/Berlin. Ich habe es als einen tollen Urlaub un Erinnerung. Hmm... etwas nachdenklich hat mich die "West" Euphorie auf die wir damals trafen, so hatte sich auf dem Marktplatz in Meissen eine Schlange gebildet weil "ein Brotauto aus dem Westen" kommen sollte, das konnte ich nicht nachvollziehen.
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Deluxe
Beiträge: 14.007 |
Zumal es Brot (wie alle anderen Grundnahrungs- und Lebensmittel auch) wirklich reichlich gab. Die Leute waren damals auf alles heiß was aus dem Westen kam. Egal wie sinnvoll oder sinnlos es auch war. Bis irgendwann klar war daß auch der Westen nur mit Wasser kocht verging bei den meisten doch relativ viel Zeit - irgendwie sahen zwei Drittel der Ostbevölkerung den Westen mit Kinderaugen. Naiv, neugierig und immer darauf wartend, das Ei des Kolumbus zu finden. Besser noch: es gezeigt zu kriegen... |
Elfriedewilli
Beiträge: 1.918 |
@deluxe: so ist das eben: Und wir kaufen unser Brot nur bei einem Becker in der Dübener Heide, der noch nach alten DDR Rezepten backt. Dann wird der Kofferraum vollgeknallt als wenn es im Westen nichts zu essen gibt und ab geht es Richtung Tiefkühltruhe im Kapitalistischen Ausland NRW |
Polar
Beiträge: 242 |
Eben, daher konnte ich das auch nicht nachvollziehen; naja, wir hatten brav nach dem offiziellen Kurs getauscht und kamen uns trotzdem blöde vor, denn die Preise waren dadurch für uns ja noch günstiger.
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Elfriedewilli
Beiträge: 1.918 |
Um das klarzustellen, ich spreche bei dem "Brot-Hamsterkäufen" vom Jahr 2006 !! Meine Frau meint immer, den "Fabrik M..." aus dem Westen ist sie nicht ..... Übrigens ließe sich diese Art der "Einkaufsliste" beliebig fortsetzen, manchmal mach ich drei Kreuze wenn ich das Zeug dann alles verstaut habe. Und der Landy ist schon nicht gerade klein, und leichte Sachen landen sowieso im Trabi auf dem Trailer. Will ich dann mal wieder einen Motor vom Schrotti mitnehmen, heißt es dirket wieder "brauchst Dich ja nicht wundern wenn das Auto so voll ist". Von den dutzenden Kisten mit Wurzener Zwieback, Vita Cola, etc. spricht aber kein Mensch. [Bearbeitet von Elfriedewilli (06-02-2006 - 12:18)] |
Deluxe
Beiträge: 14.007 |
Nunja - man kann aber darüber streiten ob diese Einkäufe tatsächlich ausschließlich von der Qualität unserer Ostprodukte geprägt werden. Oder ob nicht auch eine Variante von Heimatliebe und Sehnsucht nach "zuhause" mitspielt, die sich so äußert. |
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