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Autor Thema: Mindestlohn
Trabant IG Unterfranken

Beiträge: 789
Registriert am: 27.11.2001


Erst heute mit nem Kollegen gesprochen. Er ist 54 Jahre alt und alleinstehend. Hat 25 Jahre in einer Installationsfirma gearbeitet. In der Krise ist er rausgeflogen und nun bei Voith beschäftigt. (Leiharbeiter in unserer Firma) Bei einem 8 St. Tag ohne Samstagsarbeit kommt er auf 1148 Euro. Und das bei 2 Schichten. Ein Arbeiter in unserer Firma bekommt rund 600 Euro mehr bei gleichen Voraussetzungen...

[Bearbeitet von Trabant IG Unterfranken (06-09-2011 - 19:00)]

Deluxe

Beiträge: 14.007
Registriert am: 13.12.2001


quote:
warum sollte jemand 40 Stunden die Woche arbeiten gehen, wenn er für das gleiche Geld zu Hause sitzen kann?

Das ist eine gute Frage, die ich insoweit teile.
Aber bevor wir diese Frage beantworten, müssen wir noch eine andere stellen:

Warum gehen soviele jetzt schon arbeiten, obwohl sie dafür weit weniger bekommen, als wenn sie mit HIV zuhause säßen?

Das ist nämlich eine interessante Sache...es tun soviele, obwohl sie genau wissen, daß sie mit dem HIV-Vollsatz mehr hätten. Mit weniger Schweiß und Mühe.
Offenbar liegt es doch daran, daß Arbeit eine Art Grundbedürfnis des Menschen ist. Hört man ja auch immer wieder - lieber für 1€ jobben gehen als HIV kassieren und gar nix tun.

Ich persönlich verstehe das zwar nicht, weil ich das nicht machen würde. Aber viele sehen es eben so.

Deswegen sehe ich eigentlich keine Gefahr, daß vielleicht keiner mehr zur Arbeit geht, wenn 10€ Mindestlohn eingeführt werden.
Sie werden nicht mehr aufstocken müssen und froh darüber sein, sich den Papierkrieg und die entwürdigende Prozedur ersparen zu können. Das wird alles sein - und ist schon eine ganze Menge. Mehr Würde für den Einzelnen zum Beispiel.

TV P50

Beiträge: 3.959
Registriert am: 06.12.2001


Die Gefahr sehe ich auch nicht.
Ich sehe aber, dass sich für die Mindestlohnempfänger nichts großartig ändern wird bzw. finanziell werden sie sich kaum verbessern!

Es mag eine Steigerung der Würde sein nicht mehr aufstocken zu müssen, aber ich sehe immernoch nicht den gesamt-volkswirtschaftlichen Gewinn.

Ich bin gerne dafür die Würde eines jeden zu steigern, aber auf Kosten aller und für eine weitere Bereicherung der Unternehmen über die zu erwartenden Preissteigerungen?

Für jeden Euro Lohn die der AG mehr ausgeben muß wird er 1,50€ auf die Preise umlegen.

Wissen denn wirkliche alle die für weniger/gleich Hartz IV arbeiten gehen, dass sie fürs Zuhausebleiben effektiv mehr/gleich viel haben?

Nicht jeder zerbricht sich den Kopf so darüber wie wir

Zoni

Beiträge: 3.538
Registriert am: 15.11.1999


Das Problem ist auch die Schwarzarbeit. Ich kenne einige die nur geringfuegig beschaeftigt sind und den Rest bar auf die Kralle vom Chef kriegen. Profitieren beide von, nur nicht die Gesellschaft und der ehrliche Steuerzahler. Sowas koennte man mit einem Mindestlohn zumindest eindaemmen.
stephanfranz

Beiträge: 1.226
Registriert am: 28.11.2005


was steht im grundgesetz? die würde des menschen ist unantastbar. ich fühle mich entwürdigt wenn ich trotz 40 stunden woche im 3 schichtbetrieb der agentur für arbeit in den arsch kriechen muss um über die runden zu kommen.

mal was anderes : !! bitte aufmerksam lesen !!

ich hab ja jetzt nach 5 monaten endlich mal etwas mehr geld zugesprochen bekommen. dazu muss ich bei meiner zeitarbeitsfirma einen wisch unterschreiben das ich mehr geld bekomme. nun soll der eine euro den es mehr gibt nicht auf den stundenlohn aufgeschlagen werden sondern gesplittet werden. also von dem einen euro soll so viel wie möglich aufs fahrgeld aufgeschlagen werden und den rest dann auf den stundenlohn. meine zeitarbeitsfirma argumentiert das das fahrgeld ja steuerfrei ist. damit bin ich aber nicht einverstanden, da ich ja bei der nachtschicht keine nachtschichtzulage auf diesen euro bekomme. ist dieses splitten auf fahrgeld nicht auch eine steuer hinterziehung?

TV P50

Beiträge: 3.959
Registriert am: 06.12.2001


Sicher eine Form der Hinterziehung, aber eine legale Die versuchen doch nur am billigsten bei der Erhöhung wegzukommen.
Denn die Erhöhung ist für den Teil der als Fahrgeld gilt, nicht nur steuerfrei, sonder auch sozialabgabenfrei und es fallen damit für diesen Teil auch keine Lohnnebenkosten an.
Damit bekommst du also für den Fahrgeldteil des Euros auch KEINE (anteiligen)Endgeldpunkte in deinem Rentenversicherungsverlauf!

Das Einzige was du von dem Fahrgeldeuro wirklich hast, ist die temporäre Steuerfreiheit, die warscheinlich insgesamt gerechnet ins Lächerliche abdrifftet.

[Bearbeitet von TV P50 (07-09-2011 - 08:29)]

standard

Beiträge: 19.357
Registriert am: 26.01.2002


Was schon wieder ein "schönes" Beispiel ist, was heutzutage schon so alles `eingerissen´ /üblich ist am Arbeits"markt". Und all diese Schlupflöcher sind staatl. geduldet bzw. gewollt - zum Schaden der Allgemeinheit!
Den Mindestlohn vordergründig nur gg. den vergl.baren HIV-Satz aufzurechnen, geht m.E. auch wieder an der Realität vorbei. Warum? - Weil eben (wie oben schon richtig gesagt wurde) längst nicht jeder Betroffene so denkt bzw. das tut. Ausserdem gibt es eine große Gruppe unter den Geringverdienern, die eben nicht aufstocken - sei es aus Unwissenheit, Bequemlichkeit oder eben ganz einfach aus besagtem Selbstwertgefühl/Stolz heraus. Und gerade für all die wäre ein (endlich!) eingeführter Mindestlohn ein klarer Gewinn.
Daß ausgerechnet in diesem Zus.hang eine große Preissteigerungs-/Inflationswelle losgetreten würde, halte ich nach wie vor für zweifelhaft. Die haben wir bekanntlich auch ohne Mindestlohn - es genügt derzeit z.B. ein Blick auf die wiedermal entarteten Preistafeln an den Tankstellen...
Deluxe

Beiträge: 14.007
Registriert am: 13.12.2001


Einer der Hauptgründe, warum viele eben nicht aufs HartzIV-Amt gehen, sondern entweder gänzlich ohne Aufstockung oder sich mit Alternativen (Kindergeldzuschlag, Wohngeld) durchzuschlagen versuchen:
Besagte Alternativen erfordern keine Vermögensoffenlegung, kein Nackigmachen vor der Staatsmacht sozusagen. Also muß man auch nichts aufbrauchen, bevor man irgend etwas bekommt.
TV P50

Beiträge: 3.959
Registriert am: 06.12.2001


quote:
Daß ausgerechnet in diesem Zus.hang eine große Preissteigerungs-/Inflationswelle losgetreten würde, halte ich nach wie vor für zweifelhaft.

Denkst du die Unternehmen werden allesamt die höheren Lohnkosten wohlwollend von ihrem Gewinn abzweigen
Schön wärs........
Egal ob nötig oder nicht beliebe ich dabei, dass es im Zusammenhang mit einem Mindestlohn eine, dem Mindestlohn expliziet zuzuschreibene, Preissteigerung geben wird. (zusätzlich zu der sowieso Vorhandenen).
Und diese Steigerung werden wieder alle (kleinen) Leute bezahlen, aber sicher nicht der Staat und erst recht nicht die Unternehmen.
Es gab schon Stimmen die gesagt haben, man befürchte bei den zu erwartenen Preissteigerungen eine starke Unmut in der Bevölkerung, besonders von denjenigen, für die Mindestlohn nicht zur Debatte steht. Wenig werden das nicht sein.

Ich schätze diejenigen die aus Stolz, Bequemlichkeit, Unwissenheit oder warum auch immer nicht aufstocken, als gering und damit statistisch als Randgruppe ein. (das ist aber nur ein unerforschtes Gefühl)

Interessant wären doch in diesem ganzen Zusammenhang mal nackte Zahlen. Wieviel haben keinen Mindestlohn und arbeiten auf Hartz IV Niveau? Wieviele stocken zusätzlich auf? Wieviele arbeiten unter 7,50€?

[Bearbeitet von TV P50 (07-09-2011 - 12:43)]

Deluxe

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Registriert am: 13.12.2001


Bundesweit arbeiten derzeit 19% aller Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich.

Dazu kommen all jene, die mit "klassischen" 400€-Jobs in teilzeit arbeiten.

Und alle zusammen zahlen sie de facto nicht (oder kaum) in die Sozialsysteme ein...kosten somit doppelt Geld:

Aufstockungsleistungen - also der Staat zahlt die Lohnkosten, die der Unternehmer nicht zahlen will oder kann.
Steuerspritzen für die Sozialkassen, weil dort die Einnahmen fehlen...

standard

Beiträge: 19.357
Registriert am: 26.01.2002


...ganz zu schweigen davon, was dereinst im Rentenalter passiert. Ein Dilemma, welches inzw. sogar ganz aktuell der Politik aufgestoßen ist:
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/0/0,3672,8349120,00.html
Bände spricht dabei, daß u.a. "höhere Zuverdienstmöglichkeiten für Rentner" als Heilmittel angedacht werden. Schindern bis zur Urne also? - Da freut man sich doch um so mehr auf die güldene Zukunft...
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